Aktuelles von unserem Kinderbuchprojekt

87 Umschläge liegen auf dem Tisch. Am Abend vorher war der Abgabeschluss unseres diesjährigen Geschichtenwettbewerbs und in ACUPARI ging es zu wie in einem Bienenstock. 60 der insgesamt eingereichten Kindergeschichten wurden auf die peruanische Art in letzter Minute abgegeben. Nun macht die Jury sich an die Arbeit. Jede Geschichte wird gelesen und nach fünf Qualitätskriterien bewertet: Die Zielgruppe sind Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren. Die Handlung der Geschichte muss kreativ und spannend gestaltet sein. Eine Wortzahl von 800 bis 1000 Wörtern muss eingehalten werden und das Manuskript darf keine gravierenden Fehler aufweisen. Der Prozess ist spannend, mit dem Öffnen jedes neuen Umschlags verknüpft sich die Hoffnung auf eine Erzählung, die zu dem Ziel passt, das wir mit unserem Kinderbuch-Projekt verfolgen.

Schon seit 2006 hat sich das Team von ACUPARI zur Aufgabe gemacht, Kinder in den wirtschaftlich schlecht gestellten Dörfern rund um Cusco mit kindgerechter Literatur zu versorgen. Die stabilen Hardcover-Bücher, die ACUPARI aus Spenden finanziert und kostenlos an die Schulen im Umland Cuscos verteilt, sind vielleicht die einzigen Bücher, die die Kinder in ihrer gesamten Kindheit in der Hand halten werden. Der Traum, den wir mit dem Kinderbuch-Projekt träumen, ist, dass die Kinder eine Beziehung zu Literatur entwickeln und vielleicht eines Tages den Mut haben, ihre eigenen Geschichten zu erzählen.

Doch eine Geschichte zu schreiben ist gar nicht so einfach, das bekamen wir bei dem diesjährigen Wettbewerb deutlich zu spüren. Nachdem alle eingereichten Geschichten gelesen wurden, war klar, dass keine einzige den oben genannten Kriterien entsprach. Die Jury von ACUPARI zerbrach sich in den Sitzungen den Kopf darüber, wie nun vorzugehen sei. Kein neues Buch rausbringen? Eine Geschichte prämieren, die eigentlich noch umgeschrieben werden müsste? Nach langem Hin- und Her entstand der Plan, den Wettbewerb bis Januar zu verlängern und den Teilnehmern so die Chance zu geben, ihre Geschichten zu überarbeiten. Kein neues Buch zu drucken war keine Alternative – dafür sind die Erfahrungen, die wir seit über zehn Jahren mit dem Kinderbuch-Projekt machen zu wertvoll und die Nachfrage zu groß.

Das Projekt ist mittlerweile ein Selbstläufer. Immer wieder melden sich Leute, die auf unsere Bücher gestoßen sind und sie den Kindern in ihren Schulen, Kindergärten oder Hilfsorganisationen gerne zur Verfügung stellen wollen. Das Besondere an den Geschichten ist nämlich, dass sie auf Spanisch und Quechua herausgegeben werden. Das Interesse an zweisprachigem Unterricht ist in den letzten Jahren enorm gewachsen. Literatur auf Spanisch und Quechua gibt es aber kaum. Die Schulen, die sich für eine Bücherspende interessieren, reichen ein freies Bewerbungsschreiben ein und erläutern, warum die Bücher für die Kinder in ihrer Obhut von Bedeutung sind.

Daraufhin macht sich ein Team von ACUPARI auf den Weg:  Für jede Schul-Bibliothek wird ein Paket von 25 Büchern geschnürt, das zumeist im Rahmen einer kleinen Zeremonie übergeben wird. Erst letzte Woche haben wir eine Schule in Urubamba besucht. Eine kleine Delegation von Kindern der Fundación Arco Iris empfing die Gruppe von ACUPARI mit Blumensträußen. Begeistert zeigten sie uns die Räumlichkeiten ihrer Schule und setzten sich dann still und aufmerksam auf die Wiese, um ihre neuen Bücher in die Hand zu nehmen. Sie begannen sofort, sich gegenseitig daraus vorzulesen und die Bilder zu beschreiben.

Diese Momente zu erleben, erinnert uns immer wieder daran, warum wir die viele Arbeit, die in dem Kinderbuch-Projekt und den Geschichten-Wettbewerben einhergeht, so gerne tun.